Es ist ein Windpark der Superlativen: Hier werden die weltweit größten Turbinen errichtet, jede wiegt 2800 Tonnen und ist 260 Meter hoch – das sind über 100 Meter mehr als der Kölner Dom. Jedes der knapp 200 Räder wird Strom für 16'000 Haushalte produzieren, insgesamt werden 4,5 Millionen versorgt. In den nächsten zehn Jahren schaffen Bau und Betrieb des Windparks 27'000 neue Jobs. Schon 2023 sollen die ersten Einheiten in Betrieb gehen.

 

Endlich passiert was bei der Windkraft! Leider steht der neue Park nicht vor Cuxhaven sondern auf der Doggerbank, rund 130 Kilometer vor der Küste Nordenglands. Während Wirtschaftsminister Peter Altmeier in den letzten Jahren vor allem die Energiewende auszubremsen schien und nun Kohlekonzernen einen langen und gut versilberten Ausstieg verschafft, setzten die Briten konsequent auf Kohleausstieg und Windenergie.

 

Die Zahlen sprechen für sich: 2019 floss noch 46 Prozent des Stroms aus Kohlekraftwerken, ein Jahr später sank dieser Anteil um ganze 10 Prozent. Wind- und Solarenergie stiegen dafür im selben Zeitraum von 23 auf 29 Prozent des britischen Stromverbrauchs. Am 26. Dezember 2020 lieferten Windkraftwerke dank des Sturms Bella zum ersten mal 24 Stunden lang über die Hälfte des Stroms im Vereinigten Königreich.

Mag sein, dass Premier Boris Johnson durch seltsames Auftreten, eine absurde Brexit-Politik und fatales Covid-Missmanagment aufgefallen ist. In einer Sache scheint er aber konsequent auf Kurs zu bleiben: Großbritannien will 2050 “carbon neutral” sein, also kohlenstoffneutral. Ein 10-Punkte-Plan führt zu diesem Ziel, Investitionen in Milliardenhöhe lassen ihn auch realistisch erscheinen. Offshore Windkraft soll vervierfacht werden, auf eine Kapazität von 40 GW, genügend um jeden Haushalt auf der Insel zu versorgen. Initiativen wie Aufforsten oder Förderung von Elektromobilität und ÖPNV sind weitere positive Aspekte des Plans. Weniger erfreulich ist der Versuch, auch die Atomkraft wieder verstärkt ins Spiel zu bringen.

 

Der Plan soll auch Englands Position als Industrienation stärken: vermehrt sollen Teile der großen von General Electric gebauten Turbinen im Land hergestellt werden. Auch Forschung und Testanlagen werden verstärkt. Das industrielle Herzland Großbritanniens soll dadurch 250'000 neue Arbeitsplätze erhalten. Die Labour-Opposition will noch mehr: Sie fordert eine “grüne Erholung von Covid”.