Das Auto aus dem Zentrum des Denkens und der Stadt verbannen.

Seit kurzen ist die Neubourgstraße in Stade in eine Fahrradstraße umgewandelt.

Welch ein Gefühl von Platz und Weite - so könnte sich Fahrradfahren als Luxus anfühlen. Aber nach 200, vielleicht 300 m ist der Spaß vorbei und der Fahrradalltag  in Stade hat uns wieder.

Diese Umwidmung und plakative Markierung auf der Straße erscheint nun etwas futuristisch. Vielleicht eher absurd. Aber sie erweckt ein Gefühl dafür, wie es  irgendwann einmal auch in Stade sein könnte. Und sie erweckt den Wunsch, einen wirklichen Wandel noch zu erleben. Und, wenn ich mal ernsthaft überlege, warum eigentlich nicht?

Warum eigentlich nicht die gesamte Innenstadt innerhalb von Wallstraße , Hansestraße und Kehdinger Mühren zur Fahrradstadt erklären?

Die Autos werden in den  Parkhäusern am Rande und außerhalb  des Ringes abgestellt  (Bahnhof-Parkhaus, Parkhaus Am Sande, Kaufland, Wallstr/ Hafen, Stadeum Bahnhofparkplatz). Parkplätze am Rande der Altstadt gibt es zur Genüge.

Mit dem Auto in die Innenstadt  hineinfahren darf nur noch, wer einen unterirdischen Parkplatz besitzt. Nur Busse und Taxen fahren noch auf den Pferdemarkt. Oberirdisches Parken ist verboten. Die Straßen sind frei für Fußgänger und Radfahrer. Ehemalige Parkplätze sind aufgehoben. An vielen Ecken sind inzwischen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder installiert. 

Der Protest gegen diese Maßnahmen ist gering, denn fast alle Geschäfte und Wohnungen sind von den Rändern innerhalb von 5 Gehminuten zu erreichen. Zum Transport von schwereren Einkäufen stellen die Geschäfte Bollerwagen zur Verfügung. Oder Lastenfahrräder. Manche Schüler/innen verdienen sich mit Hilfestellungen bei dem Transport ein kleines Taschengeld.

Dafür ist die Innenstadt bunt und ergrünt.  Viele ehemalige Parkplätze sind inzwischen bepflanzt, etwa von der Initiativgruppe „Essbare Stadt“  die ihre Paletten mit Blumen, Tomaten, Gurken und Sträuchern über die ganze  Innenstadt verteilt hat. Auch Anwohner haben sich an den Pflanzaktionen beteiligt. Man findet Sandkästen für Kinder und Spielmöglichkeiten. Auch Erwachsene treffen sich zum gelegentlichen Boule-Spiel. Cafés und  Restaurants  haben ihre Außenflächen erweitert  und die Gäste genießen ihren Kaffee in Sicherheit  vor dem Autoverkehr. Sitzgruppen laden zum Entspannen und Klönschnack ein. 

Die Kosten für diese Aktion waren für die Stadt Stade gering. Es wurden einige Spielmöglichkeiten für Kinder aufgestellt, für Pflanzaktionen der Anwohner gab es Zuschüsse. Viele Bänke und Sitzgelegenheiten wurden gestiftet. Die Pflasterarbeiten, um die ehemaligen Parkplätze besser in das Straßenbild zu integrieren, können über die nächsten  Jahre verteilt werden.

Die Öffnung der Innenstadt für den Fahrradverkehr ist nur der erste Teil des neuen Verkehrskonzepts der Stadt Stade, aber bestimmt  der entscheidende Schritt. Der Ansatz ist jetzt ein völlig anderer. Das Ziel ist nicht mehr, die Stadt dem Auto anzupassen. Das Fahrrad wird das erwünschte Verkehrsmittel der Zukunft sein. In den nächsten Jahren werden die Zufahrtswege von den Rändern der Stadt ins Zentrum neu und fahrradgerecht geplant und dann nach und nach umgesetzt werden.  Dafür reicht es sicherlich nicht, nur ein Fahrradsymbol auf die alten Autostraßen zu malen, solange dort noch vorwiegend Autos unterwegs sind.  Das allein macht das Fahrradfahren noch nicht attraktiv, sondern eher unsicher. Aber es werden sich Wege  finden.

Wichtig am Anfang ist das Umdenken: der Wille, das Auto aus dem Zentrum des Denkens und damit auch aus dem Zentrum der Stadt zu verbannen. Das macht deutlich: wir wollen diese Verkehrswende wirklich und sie ist organisatorisch, technisch und auch kostenmäßig machbar. Wir setzen ein deutliches Zeichen!

Eine Fahrradstraße macht  Lust auf mehr! 

Eine wunderbare Vorstellung: Stade wird Fahrradstadt